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Haarsträubendes 4×4 Abenteuer (14. Folge)

Zahlreichen Schlaglöchern ausweichend näherten wir uns langsam Finchley’s Farm, welche zwei Kilometer westlich des Dorfes Willowmore mitten in der kleinen Karoo lag.
Der Campingplatz war abgelegen und die wenigen Standplätze mit Dornengestrüpp umgeben. Ein paar Akaziabäume spendeten Schatten. Eine Holzhütte mit Parafindusche, Waschbecken und Toilette bot ein Minimum an Komfort. Die Bauersfrau warnte mich vor der Hausspinne, einer riesigen, haarigen Tarantel. Sie verkrieche sich gerne in der Dusche, wenn es regne. Sie sei aber nicht gefährlich.
Camping mitten in der Karoo
Alle Standplätze waren äusserst eng bemessen. Es war niemand ausser mir und meinem Beagle, Vlou, da, deshalb musste ich alleine einparken. Ich stieg aus, schätzte die Distanz, stieg wieder ein und wiederholte diese Prozedur mehrmals, um mein langes Gespann vorsichtig in die Lücke zu manövrieren. Endlich eingeparkt freute ich mich, meinen ersten Abend am romantischen Feuer in Mitten der kargen Steppe unter einem unendlichen Sternenmeer zu verbringen. Vlou lief aufgeregt im Zickzack diversen Spuren nach, ohne sich zu weit vom Wohnwagen zu entfernen. Was dachte er wohl bei der Menge an fremden Gerüchen, die ihm hier in Südafrika begegneten? Konnte er wohl die Tierarten erahnen, die er erschnüffelte?
Finchley's Farm Camping
Das Hauptgebäude der Farm befand sich rund einen Kilometer vom Campingplatz entfernt. Ich beobachtete die Farmerfamilie bei ihrer Arbeit mit ihren Hirtenhunden und den Schafen. Einige Kühe suchten Nahrung auf den kargen Weiden. Nur rings um die Farm war das Gras grün und hohe Bäume spendeten Schatten. Einige Gästeunterkünfte sorgten für bescheidene Einkünfte neben den Farmprodukten.
Staub trockene Weiden
Wenige Touristen besuchen Willowmore und wenn, dann ausschliesslich als Ausgangspunkt zum Nationalpark Baviaanskloof. Die Strassen innerhalb des Nationalparks sind nur für 4×4 geeignet, deshalb musste mein Wohnwagen zurückbleiben. Am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang brachen wir auf.
Rostiger Oldtimer

Die Schotterstrassen eingangs des Tals waren gut befahrbar. Nach einigen Hügeln wurde die Szene rustikaler und die wenigen Häuser einfacher. Bei einem kleinen Laden mit lokalem Kunsthandwerk hielt ich an und kaufte ein Buch mit Geschichten der lokalen Bevölkerung von einer kleinen Frau mit langen schwarzen Haaren, dunkler Haut und farbenfrohen Kleidern. Ihre hohen Backenknochen gaben ihr ein indianisches Äusseres. Ich erkundigte mich, ob das Restaurant auf der anderen Strassenseite offen sei. Sie bejahte. Sie selbst führte es. Eine arbeitsame Frau mit Gespür, was gefragt ist nach einer langen Fahrt auf den staubigen Strassen. In diesem abgelegenen Tal waren Gäste rar. Sie musste mit wenigen Einnahmen auskommen.

Café in Baviaanskloof
Innovative Gärtnerei
Frisch gestärkt drangen wir tiefer in das stets fruchtbarer werdende Tal hinein. Vereinzelte Farmen und eine sicherlich unterbeschäftigte Polizeistation zeugten von wenigen Bewohnern. Nach mehreren von roten Felsformationen gesäumten Kurven erreichte wir ein wildromantisches grünes Tal mit hohen Laubbäumen. Coloureds, wie Mischlinge in Südafrika genannt werden, betrieben hier eine Gemeinschaftsfarm mit dem passenden Namen „Seven Fountain“, da sieben Quellen für fruchtbare Talebenen sorgten. Ursprünglich hatten weisse Südafrikaner den Bauernhof erfolgreich betrieben. Wie es leider oft der Fall ist war die Übernahme durch die Gemeinschaft nicht gelungen. Die Felder waren verwildert, die Quellen wurden nicht mehr genutzt und die Gebäude verfielen.

Ich fuhr weiter Richtung Osten nach Sandflakte, wo sich anschliessend das Tor zum geschützten Baviaanskloof Nationalpark befand. Dort würde sich zeigen, ob ich weiter in Richtung Patensie fahren könnte, da auch hier Hunde im Nationalpark verboten waren. Ausserdem wollte ich nach dem Zustand der Strasse fragen, welche durch die grossen Regenfälle Mitte Jahr in Mitleidenschaft gezogen worden war. Sie war bis vor Kurzem geschlossen gewesen. Als ich beim Tor ankam fing es an heftig zu nieseln. Bevor ich das Thema Hund ansprechen konnte, bat mich der Parkwächter, ihn und zwei seiner Kollegen mit in den Nationalpark hinein mitfahren zu lassen. Etwas überrascht bejahte ich und dachte mir, sie würden ja dann wohl den Hund hinter ihnen bemerken. So sassen alsbald drei imposante Parkwächter in grünen Uniformen, mit schweren Stiefeln und Gewehren in meinem Auto. Schmunzelnd fuhr ich los, ohne dass Vlou sich bemerkbar machte. Die Parkwächter halfen mir nützlicherweise mit ihrem Rat durch die ersten Allradherausforderungen. In der Mitte des Parks verabschiedeten sie sich und liefen zu ihrem Camp. Es bestand ausschliesslich aus Zelten.
Ich fuhr im Schritttempo weiter und arbeitete mich von einem Flussübergang zum Nächsten. Die Brücken waren nicht mehr zu sehen. Ich war noch nie zuvor durch solch tiefes Wasser gefahren! Ich konnte nicht einmal erkennen, wo sich beidseitig die Strassenkante befand! Mein Puls erhöhte sich drastisch als mir zwischen zwei überschwemmten Flussläufen bewusst wurde, dass ich keinesfalls mehr umdrehen konnte. Was würde ich tun, wenn ich mitten im Wasser stecken blieb, weil ich eine Biegung nicht erahnte? Mobilfunk war sowieso nicht vorhanden! Kaum hatte ich den hoffentlich letzten Fluss überwunden, tauchte ein Schild mit der Aufschrift: „gefährlicher Pass“ auf. Ich dachte mir, es könne nicht mehr schlimmer kommen und setzte die Fahrt beherzt fort. Die holprige Piste führte steil hinauf. Die Zeit schritt ungnädig voran, da ich seit Stunden nur im Schritttempo fahren konnte. Mein Nacken schmerzte von der Anspannung.
Überschwemmte Brücken
Endlich war ich auf der Passhöhe, wo sich das Panorama kilometerweit über dunkle Bergkuppen erstreckte. Es hatte aufgehört zu nieseln und Sonnenstrahlen bohrten Wege zwischen den dicken, schwarzen Wolken hindurch und tauchten Bergspitzen in ein warmes Licht. Die Schotterpiste führte steil hinunter. Ich konzentrierte mich darauf, nicht zu nahe an den Abhang zu fahren, da dieser nicht gesichert war. Panik ergriff mich in kurzen, wellenförmigen Attacken als ich mir vorstellte, dass diese Strasse möglicherweise unter dem Gewicht des Land Rovers abrutschen könnte. „Hör auf, dir Sorgen zu machen“, sagte ich laut, wobei meine Stimme unnatürlich in meinen Ohren hallte.

Endlich, kurz bevor die Dunkelheit eine Weiterfahrt verunmöglicht hätte, erreichte ich das Ende des Nationalparks und gelangte damit zurück in die Zivilisation. Asphaltstraße, wunderbar! Ich hatte viel Adrenalin an diesem Tag verschüttet! Als ich im ersten Bed & Breakfast in Patensie ein Zimmer bezog, dachte ich rückblickend, die Strasse hätte nicht schlimmer sein können. Ich irrte, wie sich am nächsten Tag herausstellen sollte. Doch vorerst genoss ich den Aufenthalt.
Die Besitzer des Gamtoos B&B waren äusserst freundlich und ich lernte von ihnen trotz des kurzen Aufenthalts viel über den kleinen Ort Patensie, welcher hauptsächlich Citrusfrüchte produziert. Am nächsten Morgen fuhr ich zu einem Pneuhändler, um den Reifendruck für die Weiterfahrt zu senken. „Die Strasse von Patensie nach Steytlerville ist gut befahrbar, etwas steinig, aber mit angepasstem Reifendruck sollte nichts passieren,“ beruhigte mich der Garagist auf meine Anfrage.
Schild im Nebel
Und so befand ich mich alsbald wieder auf einer 4×4 Route, die es in sich hatte: spitze Steine, tiefer Schlamm und an zwei Stellen ein wildes Flussbett sowie zwei Pässe. Die Empfehlung, der Weg sei gut befahrbar, ich könne ihn ohne Probleme bewältigen, war definitiv falsch gewesen. Als Höhepunkt blieb ich beinahe im tiefen Schlamm stecken. Beim brüsken Beschleunigen, um den Land Rover aus der misslichen Lage zu manövrieren, stiess ich auf eine unter dem Schlamm versteckte Felskante. Der Knall am Rad vorne rechts verhiess nichts Gutes. Trotzdem gelang es mir, das Auto mit einem Ruck aus dem Schlammloch zu fahren. Eine Reifenpanne! Der erste platte Reifen, seit ich vor dreissig Jahren Autofahren lernte. Konsterniert setzte ich mich. Ich überlegte, wo ich das letzte Mal belebte Siedlungen gesehen hatte, um Hilfe zu holen. Das war etwa vor zwei Stunden gewesen. Keine Option! Würde wohl der südafrikanische TCS, hier AA, in diese abgelegene Gegend Pannenhilfe leisten? Mein Handy zeigte kein Netz. Ich blätterte im Land Rover Manual. Vielleicht war eine Beschreibung für den Reifenwechsel drin. Ja! Ich fing an, die notwendigen Utensilien zusammen zu stellen. Doch schon beim Wagenheber scheiterte ich. Wie funktionierte denn dieses Teil?! Hätte ich doch einmal auf dem Trockenen geübt, wie ich es eigentlich schon lange einmal vorgehabt hatte! Ich legte die Utensilien frustriert zurück und entschied mich vorerst nach einem Handynetz zu suchen. Vielleicht würde ich auf dem nahe gelegenen Hügel Empfang haben.
Kein Handyempfang
Entschlossen stieg ich mit Hund, Wasser und schwer atmend auf die nächste Anhöhe, wobei es wieder anfing zu nieseln. Verschwitzt und ernüchtert stellte ich fest, dass sich nichts geändert hatte – kein Netz, nicht mal ein Strichlein! Was, wenn niemand hier vorbei fuhr bis zum Abend. Das war wahrscheinlich, da ich in den letzten Stunden nie einem Wagen begegnet war. Zurück beim Wagen nahm ich mir nochmals die Anleitung zum Wechseln eines Reifens vor. „Das kann doch nicht so schwer sein!“ rief ich frustriert. Ich bemühte mich, die Mechanik des Wagenhebers zu verstehen. Endlich, der Wagenheber funktionierte! Aber wo musste ich ihn hinstellen, in welchem Winkel zum Wagen? Alles war schief und rutschig. Endlich nach dreimaligem Neuanfang war der Wagen angehoben und dann las ich: „Vor dem Anheben, die Radmuttern etwas lösen.“ Oh nein! Also nochmals von vorne! Auch das Lösen der Radmuttern ging nicht einfach so ohne Schwierigkeiten. Eine Radmutter drehte im Leeren. Erst nach einer halben Stunde vergeblichem Probieren und nahe zum Verzweifeln kam mir die Erleuchtung. Da war doch etwas gewesen mit einer Diebstahlsicherung am Reserverad und einem speziellen Aufsatz zum Lösen der Radmuttern! Nach einer Tirade von Selbstvorwürfen, wie blöd ich denn wohl sein konnte, setzte ich den kleinen, unscheinbaren Aufsatz auf die Radmutter, der im hintersten Fach des Werkzeugkastens versteckt gewesen war. Halleluja! Das war’s. Jetzt ging alles wie am Schnürchen und bald konnte ich mit einem zufriedenen, stolzen Lächeln auf den Lippen weiterfahren.
Neblige Pässe
Ich brauchte für die weiteren siebenundzwanzig Kilometer weitere Stunden, da die Strasse so schlecht war und ich aus Angst vor einer weiteren Reifenpanne besonders langsam fuhr. Glücklicherweise gerade vor Einbruch der Dunkelheit traf ich in Steytlerville, einem Provinznest in der kleinen Karoo ein. Erleichtert und glücklich fand ich sofort eine Unterkunft, das Royal Hotel. Nicht Royal aber ok. Ich hatte momentan genug Abenteuer gehabt. Ein Bier an der Hotelbar mit ein paar netten lokalen Gästen war das Richtige, um anschliessend erschöpft und erleichtert ins Bett zu fallen.

Das Schlimmste geschafft

Das Schlimmste geschafft

Letzte Kilometer nach Steytlerville

Letzte Kilometer nach Steytlerville

Ankunft gerade rechtzeitig vor dem Eindunkeln

Ankunft gerade rechtzeitig vor dem Eindunkeln

Gegenüber dem Hotel befand sich eine Autowerkstatt. Am folgenden Tag liess ich meinen Land Rover wegen des durchfahrenen Wassers durchchecken und die Dreckschichten abwaschen. “Mit Ausnahme einer kleinen, leuchtenden Warnlampe, sollte alles in Ordnung sein,” versicherte der Mechaniker. Ich sollte dies bei einer Land Rover Garage abklären lassen, da dazu ein Computer benötigt würde. Der Nachteil von modernen Fahrzeugen. Ein normaler Mechaniker kann das Problem nicht mehr selbst beheben! Nach einem Spaziergang durch die einzige Strasse von Steytlerville mit hübschen, weiss gekalkten Häusern, farbenfrohen Blumenbeeten und Familienwappen verliess ich das abgelegene, stolze Dörfchen. Die Fahrt zurück zum Wohnwagen in Willowmore war nur noch zwei Stunden über eine einspurige Betonstraße. Gut genug nach den Schotterpisten der letzten zwei Tagen.
Der Land Rover vor der Wäsche
Wie war deine erste 4×4 Fahrt oder dein Besuch in Südafrika? Jeder Kommentar freut mich sehr!
ausgewandert-nach-suedafrika-14

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