Der Wind blies nachts kräftig um mein Buschhaus. Früh morgens legte er sich, weshalb ich meinen allmorgendlichen Kaffee auf der Veranda genoss, während ich den Sonnenaufgang beobachtete.
Ein gewöhnlicher Morgen in der Karoo, Südafrika
Schwalben flogen nahe an mir vorbei, als wären sie neugierig, wer da in ihr Revier eingedrungen war. Sie zeigten wenig Scheu vor mir.
Ich war seit fast eineinhalb Wochen auf der Acacia Tree Game Lodge, die Lodge, welche ich pachten und managen wollte und für die ich nach Südafrika ausgewandert war.
Mängel an Lodge und Management
Immer mehr Mängel tauchten an der Infrastruktur und im bisherigen Management auf. Es fehlte an regelmässigem Unterhalt, aber auch an Inventar wie Geschirr, Besteck, Bettbezügen und Kissen. Die Mitarbeitenden trugen ihre persönlichen ausgetragenen Kleider zur Arbeit.
Intensiver Regen in der Karoo
Nach dem letzten starken Regen stand fünf Zentimeter Wasser in der Küche, während Deborah mit Gummistiefeln kochte. Am Empfang mussten wir die Computer und Drucker vor dem Regenwasser retten, welches direkt von der Decke auf die Elektronik hinunter tropfte. Im Managerhaus hatte es in einem Zimmer schwarzen Schimmel an der Wand und unter dem Teppich. Die Badewanne war zudem undicht.
Eine Viersterne – Lodge?!
Je nachdem, wen ich fragte, wieso die Mängel nicht schon lange behoben worden waren, erhielt ich verschiedene Antworten: Das nötige Werkzeuge fehlte, der Besitzer gebe kein oder zu wenig Geld für Reparaturen aus oder die Mitarbeitenden erfüllten ihre Aufgabe nicht. – Woher kommt bloss die Einstufung als Viersterne-Lodge? fragte ich mich irritiert, als ich die eingerahmte Auszeichnung am Eingang betrachtete.
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Pachtvertrag mit Anhängen
Ich hatte mit Jim, dem Besitzer der Lodge, vereinbart, dass bei Beginn des Pachtvertrages sämtliche Immobilien und Mobilien mit ihrem derzeitigen Zustand inventarisiert würden. Als Pächterin würde ich anschliessend für neue Mängel aufkommen müssen. Eine Kaution und eine Vorauszahlung des Pachtzinses für die ersten sechs Monate dienten ihm als Sicherheit.
Hengst in der Karoo
Deborah hatte mit einer Mängelliste angefangen. Gleichzeitig erstellten wir eine Liste mit fehlenden Utensilien und Werkzeugen. Beide Listen erreichten eine beachtliche zu investierende Summe.
Ich muss mit Jim sprechen. Wenn er das Geld nicht investiert, bevor ich die Lodge definitiv übernehme, habe ich ein gewaltiges Problem!
dachte ich aufgewühlt. Ich konnte und wollte kein Geld für die Infrastruktur einbringen, dies war seine Aufgabe als Verpächter.
Wir trafen uns am folgenden Wochenende.
„Jim, ich möchte zuerst über die Belegung der Lodge sprechen.“
Ich zeigte ihm die Buchungszahlen der letzten Monate und die kommenden Buchungen für die Hauptsaison. Die Belegung erreichte knapp einen Drittel der Vorjahreszahlen, welche Jim mir vor Vertragsunterzeichnung übermittelt hatte. Ich hatte zudem herausgefunden, dass die wenigen Gäste meistens nicht den vollen Preis zahlten.
Ich schob ihm weitere Tabellen über den Tisch:
„Das Budget 2012, welches du mir übermittelt hattest, stimmt nicht annähernd mit der Realität überein. Wie kannst du dies erklären?
Die Einnahmen betragen ungefähr ein Viertel des Budgets – zum Teil sogar weniger. Die Ausgaben, sind vergleichsweise besorgniserregend!“
Auffallend war zudem, dass die Marketingausgaben zu einem beträchtlichen Teil aus Zahlungen an SEIN Marketingunternehmen bestanden.
„Was hast du erwartet? Die bisherigen Manager waren nicht in der Lage den Umsatz zu erhöhen. Sie waren allesamt unbrauchbar!“ sagte er gereizt und warf einen herablassenden Blick auf Rebecca und Alan, welche ich gebeten hatte, an der Sitzung teilzunehmen.
„Jim, es geht nicht darum, Schuldige zu suchen. Ich möchte herausfinden, weshalb die Zahlen nicht mit denjenigen übereinstimmen, welche ich als Grundlage für meine Entscheidung für die Übernahme der Lodge erhielt.“
Vlou’s Freundin in seinem Bett
Ein Budget ist nicht bindend …
“Ein Budget ist nicht bindend. Es ist nur eine Schätzung. Du kannst dich nicht danach richten”, brummte er ärgerlich.
„Ein Budget ist ein Planungsinstrument. Wir haben dies diskutiert bei der Ausarbeitung des Pacht-Vertrages. Jetzt stellt sich heraus, dass es nicht annähernd der Wirklichkeit entspricht, da auch die Vorjahreszahlen nicht stimmen“, erwiderte ich um meine Fassung ringend. „Du suggeriertest mir, dass der Break Even erreicht war, dabei ist er meilenweit entfernt.“
„Marcelle, du als ehemalige Managerin solltest wissen, dass mit der Übernahme eines Betriebes immer Risiken verbunden sind. Die Lodge braucht eine professionelle Führung, dann wird sie auch Gewinn abwerfen.“
„Das kann sein, Jim, aber das wird Jahre dauern. Ich habe mit der Zahlenbasis gerechnet, die du mir vorgabst, als wir anfangs Juli den Pacht-Vertrag gemeinsam diskutierten. Ich habe dir damals gesagt, dass es mir möglich ist, die Lodge zu pachten, sofern ich mich auf die Zahlen verlassen kann. Neben dem Pachtzins kann ich nicht zusätzlich Defizite aus dem Betrieb übernehmen!“
Windmühle in der Karoo
Vertrauensverlust
Der Verlauf der Sitzung war keine gute Voraussetzung für die befriedigende Diskussion über die dringend notwendigen Reparaturen und Investitionen. Ich wollte einen unterschriebenen Zeitplan und die Zusage von Jim über ein angemessenes Budget für diese Ausgaben. Er liess mich im Ungewissen ohne irgendwelche Zusagen zu machen. Mit den Listen in der Aktenmappe unter seinem Arm verliess er uns mürrisch, um nach Port Elizabeth zurückzukehren.
Drohende Wolken über der Karoo und über mir
Ich hatte das Gefühl als würden sich immense Gewitterwolken über mich zusammenbrauen.
Zum ersten Mal zweifelte ich, ob ich Jim richtig eingeschätzt hatte. Das Gesicht des freundlichen, professionellen Geschäftspartners, welchen ich bei meinem ersten Besuch Mitte Jahr kennen gelernt hatte, war einem kalten, fremden Menschen gewichen. Das Fundament meines Vertrauens in ihn war erschüttert.
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