Ausgewachsene Bäume, ein gepflegter Rasen und Blumenbeete verzauberten den Campingplatz in Plettenberg Bay in einen Märchengarten. Beim Einparken fuhr ich aus versehen über ein Bäumchen, welches sich erstaunlicherweise sogleich wieder aufrichtete. Die Räder hatten es zum Glück nicht zerdrückt. Immer noch etwas ungeübt im Umgang mit meinem Wohnwagen vergass ich beim Abkoppeln die Handbremse bis an den Anschlag anzuziehen. Ups, Bäumchen, es tut mir so leid! Das Geräusch von schauerlich ächzendem Holz liess keinen Zweifel daran, dass dies das unwiderrufliche Ende eines hoffnungsvollen Baumes gewesen war. Schuldig sah ich den Campingbesitzer an, der mich abschätzend musterte. „Don’t worry“, sagte er, wobei ich vergeblich seine Gedanken zu lesen versuchte. Wohl nicht gerade der beste Start für meinen sechswöchigen Aufenthalt auf seinem Campingplatz über Weihnachten, dachte ich zerknirscht. „I’m George, how are you?“ begrüsste er mich höflich zurückhaltend.
Dassie at Storms River © greyworldnomads
Campingplatz in Plettenberg Bay
Bereits beim Suchen des Campingplatzes war ich auf Hindernisse gestossen. Ich war die Landstrasse von Plettenberg Bay an dessen Flughafen vorbei gefahren, als ich im Augenwinkel das Schild des Campingplatzes gesehen hatte – zu spät um mit dem Wohnwagen im Schlepptau abrupt abzubremsen. Die Einfahrt war so unscheinbar gewesen, dass ich sie beinahe ein zweites Mal beim Zurückfahren verpasst hätte. Der Weg zum Eingangstor war schmal und überwachsen. Beidseitig hingen Sträucher in die Fahrspur und Äste kratzten über das Wohnwagendach. Das Schild des Campingplatzes war kaum noch lesbar und die Festnetznummer war durchgestrichen. Von Hand war eine Mobilnummer kaum leserlich hinzugefügt worden. Es machte nicht den Eindruck als ob sich viele Gäste hierhin verirrten und so war ich nicht erstaunt als ich vorerst keine weiteren Camper antraf.
George's Hund, ein Basenji-Mix und Vlou, der sein Glück fast nicht fassen
Neben meinem Wohnwagenstandplatz befand sich eine Hütte, die seit einigen Monaten von einem Südafrikaner bewohnt wurde. Er war ein lustiger Mann namens Eduard, dessen lautes Lachen jeweils seine Anwesenheit ankündigte, wenn er von der Arbeit zurückkam. Er arbeitete selbständig als Fachmann für ökologisches Bauen mit ein paar Handlangern, meistens im Auftrag für Safari Lodges in Nationalparks. Nach der Arbeit genoss er jeden Tag mehrere Feierabendbiere, was zu seiner guten Laune und seiner beleibten Gestalt beitrug. Am Wochenende ging er jeweils an die fischreiche Küste rund um Plettenberg Bay fischen, um seine Freunde anschliessend mit grosszügigen frischgefangenen Fischen zu beglücken. George, der Campingbesitzer, und Eduard waren beste Freunde und so erstaunte es nicht, dass der handwerklich begabte Mieter ihm regelmässig bei Reparaturarbeiten zur Hand ging.
Monkey Land, Plettenberg Bay © greyworldnomads
Birds of Eden, Plettenberg Bay © greyworldnomads
In einer etwas abgelegenen Hütte am hinteren Ende des Campingplatzes war ein weiterer Dauergast eingemietet. Frühmorgens verliess sie die Anlage, um am späten Nachmittag zurückzukehren. Ihr Fahrzeug liess keinen Zweifel an ihrer Beschäftigung aufkommen. Farbenfrohe Eiscreme-Kugeln verzierten beidseitig die Schiebetüren und eine schwere Eiscreme-Maschine im Innern des Fahrzeugs lag schwer auf den Achsen. Linda begrüsste mich an einem der lauen Sommerabende als ich mein Grillfeuer gerade angezündet hatte und genoss mit mir ein Glas Wein. Der erste von vielen geselligen Abenden, die noch folgen würden. Ihr Standplatz zum Eiscreme verkaufen war beim Central Beach von Plettenberg Bay. Ein strategisch sehr guter Platz für die heissen Sommermonate. Ihr Geschäft lief bestens.
Plettenberg Bay Game Reerve, © greyworldnomads
Birds of Eden, Plettenberg Bay ©greyworldnomads
Über die Festtage stellten wir alle vorhandenen Tische und Stühle mitten auf der Wiese zusammen und jeder trug etwas zu den gemeinsamen Nachtessen bei. Wer sich dazu gesellen wollte, war herzlich eingeladen. Ein Abend bleibt dabei unauslöschlich in meinem Gedächtnis haften, an dem der Vollmond wie eine riesige Laterne auf uns niederschien, so dass weder Kerzen noch Taschenlampen nötig waren. Die Temperatur spät abends war immer noch T-Shirt warm. Die Nacht war so magisch, dass bis früh morgens niemand sein Bettkissen rufen hörte. Reisen war das Hauptgesprächsthema. „Wenn sich die Gelegenheit bietet, werde ich wieder losziehen!“ versicherte George überzeugt.
Plettenberg Bay Game Reserve ©greyworldnomads
View of the Outeniqua Mountains © greyworldnomads
Vor meiner Weiterreise sass ich unter „meiner“ majestätischen Tanne, deren Äste sich bereits viele unvergessliche Stunden schützend über mich gewölbt hatten. Tief in Gedanken versunken verlor sich mein Blick in die Weite der Outeniqua Berge, wobei wegen dem klaren Wetter sogar das Meer hinter den Küstenwäldern sichtbar war. Die Zeit hier in Plettenberg Bay war wunderbar gewesen. Es war nie langweilig geworden. Die Strände und Wildtierparks hatten unendlich viel Abwechslung geboten. Und – ich hatte mit George einen Freund und Seelenverwandten gefunden.
Elephant Sanctuary, Plettenberg Bay © greyworldnomads
Gute Aussichten © greyworldnomads
Jukani Wildlife Sanctuary © greyworldnomads
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